Depressionen und Freunde

Depressionen und Freunde

Irgendwie teile ich inzwischen ja die letzten Jahre meines Lebens in zwei Abschnitte. Mein Leben vor und nach meiner Diagnose Depression. Die Zeit vorher, habe ich mich immer mehr zurückgezogen. Eine Absage zu Treffen hier, ein Termin-Versehen zu bereits zugesagten Verabredungen da. Ich hatte einfach keine Kraft mehr all das soziale Leben aufrecht zu erhalten. Da ist auch noch ein anderer Aspekt gewesen, den ich später mal erwähnen werde.
In diesem Moment hatte ich keinerlei Ahnung, dass ich mir eine Ressource selbst versage. Das war für mich doppelt tragisch, denn für meine Arbeit hatte ich, rückwirkend betrachtet, lange genug Energie. Die letzten Monate in der Agentur lag das Arbeitspensum bei ca. 100 Stunden in der Woche und ne Partnerin mit zwei kleinen Kindern hatte ich noch dazu. Da bleibt für Freunde kaum noch Zeit, ehrlicher Weise bleibt da gar keine. So ist mein Absturz kaum jemanden aufgefallen. Zumindest aus meiner Sicht. Nur meine allerengsten Freunde gaben nicht auf sich um mich zu sorgen, mich immer wieder treffen zu wollen.

Unter der Depressions-Glocke hatte ich eh keinen reellen Blick mehr, ob da etwas schief laufen könnte. Alles grau, ein dauerrauschender Ton zwischen den Geräuschen von alten DB-Wagen und Fingernägeln auf einer Schultafel. Ich habe mich absolut vernachlässigt, mich aussaugen lassen. Wie sollten da Freunde an mir dranbleiben können. Zu allem Übel verließ ich dann ja auch noch die Stadt und zog weit weg. In dieser Zeit habe ich meine Freundschaften arg strapaziert. Erkannt habe ich das erst viel später. Das ist eine Sache, die mir sehr leid tut.

So sind am Ende nicht viele Freunde übriggeblieben. Aber die, die geblieben sind, sind die besten Freunde der Welt. Ich habe immer wieder bedenken ihnen gar kein genauso guter Freund sein zu können. Wenn ich mich wochenlang nicht melde, oder gar erreichbar bin. Geburtstage vergesse. Mich bei ihnen einquartiere und durchfüttern lasse. Aber irgendwie verzeihen sie mir alles. Danke.